Sähest Du einen kleinen Jungen in einem Abwassergraben sterben, würdest Du einfach weiter gehen und ihn ignorieren? Würdest Du ihn nicht wenigstens in ein Krankenhaus oder zu einem Arzt bringen? Wahrscheinlich bist Du weder der tugendhafteste und menschenfreundlichste, noch der unsozialste Mensch der Welt. Also, was tätest Du: Vorbeigehen und das Kind ignorieren, oder ihm helfen?
Die meisten Leute würden helfen. Und zwar nicht weil wir vollkommene Gotteskinder, sondern weil wir Menschen sind, soziale Lebewesen. Wir überleben, weil wir zusammen arbeiten. Wahrscheinlich würdest Du dem Kind helfen. Du würdest kaum neben dem sterbenden Jungen stehen bleiben und erst fragen, wieso er im Graben liegt, wer dafür verantwortlich ist und bei welcher Behörde man sich beschweren sollte.
Aber was wäre, wenn der Junge in einem Abwasserkanal stürbe, Du ihn aber nicht sehen könntest? Geschieht so etwas, dann ist das eine andere Situation. Es ist möglich, sie zu ignorieren. Denn das Geschehen liegt außerhalb Deiner Verantwortung.
Die Wirklichkeit verschwindet hinter Schichten von Rationalisierungen. Der sterbende Junge wird zu etwas Fernem, Ungreifbarem. Es entsteht eine Situation ohne offensichtliche Lösungen.
Die Angelegenheit wird sozusagen zu einer Frage der Politik. Und Politik ist – wie wir alle wissen – ein schwieriges Geschäft, das man den Politikern überlassen sollte. Die Wirklichkeit ist etwas Relatives. Und meistens spielt sich die Realität nicht direkt vor Deinen Augen ab. Daher ist Sie für Dich nicht wirklich “real”. Der größte Teil der Realität gehört in den Bereich des Politischen.
Wahrscheinlich ist Dir bekannt, dass in den Gassen und Abwasserkanälen der globalen Armensiedlungen ständig Jungen und Mädchen sterben. Das ist eine dieser fernen und ausgeblendeten Realitäten. Und warum?
Wir könnten jetzt über Ökonomie oder Politik reden, aber die Wahrheit ist, dass diese Kinder deshalb sterben, weil sie für uns unsichtbar und uns ziemlich egal sind. Die Kinder von armen Eltern interessieren niemanden.
In unserer unmittelbaren Wirklichkeit schätzen wir Kinder so stark, dass wir überängstlich auf reale oder auch nur imaginäre Bedrohungen achten. Aber in der globalen Realität, haben Kinder keinen Wert. Eine Milliarde Menschen, ein Sechstel der Weltbevölkerung, hat noch nicht einmal Zugang zu sauberem Wasser. Kinder bekommen Durchfall und sterben: Jährlich 5 Millionen.
Große Zahlen berühren uns nicht. Stell Dir also einen Jumbo-Jet voller Kinder vor, der in einen Berggipfel rast. Darüber würde auf allen Kanälen berichtet werden, oder? Jetzt stell Dir aber vor, dass solche Jumbo-Jets alle 35 Minuten abstürzen: Tag und Nacht – ohne Ende.
Afrikanische Kinder sind nicht weniger wert, als weiße Kinder. Und afrikanische Eltern trauern nicht weniger, als europäische Eltern. 300 tote Kinder alle 35 Minuten. Ein Massaker an Unschuldigen, meinst Du nicht?
Warum gibt es Hungersnöte? Es gibt zu viele Kinder, sagen manche Leute. Wir Westler haben doch auch kleine Familien. Ja, heute. Früher hatten wir eine Menge an Kindern, weil viele Kinder früh gestorben sind. Wir brauchten Kinder, damit sie sich um uns im Alter kümmerten, weil es sonst niemand getan hätte.
Etwas ungerecht, die Afrikaner für etwas verantwortlich zu machen, was wir auch taten – bevor wir ein gutes Gesundheitssystem und Renten bekamen.
Gibt es keine Lebensmittel, dann ist sogar ein Mensch ein Mensch zu viel. Sind Hungersnöte also ein Problem der Überbevölkerung? Vor über 20 Jahren berechnete die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass es möglich wäre, eine 12-fach größere Weltbevölkerung zu ernähren.
Wir mußten damals aber nicht eine um 12 mal größere Weltbevölkerung ernähren, sondern nur den zwölften Teil davon: Die damalige Weltbevölkerung. Und schafften wir das? Nein! Stattdessen gab es vor 20 Jahren eine schreckliche Hungersnot in Äthiopien.
Im Westen haben wir Glück, das kann man nicht leugnen. Es gibt hier keinen Krieg, wir leben nicht als Sklaven und wir hungern nicht. Unsere Kinder gehen zur Schule, und es gibt ein Gesundheitssystem. Sie haben eine große Auswahl an Lebensmitteln, und ein gewisses Maß an Sicherheit und Wohlstand.
Aber geht es uns gut? Viele finden keine Arbeit, machen weder Kariere, noch haben sie Berufschancen. Und jene von uns, die arbeiten, sind den verschiedenen Reglementierungen am Arbeitsplatz unterworfen: Durch die Chefs, durch Zeitpläne, Zeugnisse, Leistungsdruck, die Arbeitszeit von 9 – 17 Uhr, durch Rechnungen, Mieten und Hypotheken, durch den ganzen Stress.
Unsere Kinder werden immer früher darauf getrimmt, härter zu arbeiten und zu lernen, um sich für eine Berufstätigkeit zu qualifizieren und verwertbar zu sein. Bereits Fünfjährige müssen Hausaufgaben machen.
Wir leben im Kapitalismus. Alle wissen, dass der Kapitalismus nicht vollkommen ist, und dass er seine Probleme hat und dass wir versuchen müssen, diese Schwierigkeiten mit Reformen zu meistern. Deshalb stimmen wir für Politiker, von denen wir annehmen, dass sie die Probleme schon lösen werden.
Der Kapitalismus ist wie ein Auto, das dauernd irgendwelche Schäden hat. Ein Politiker liegt unter dem Auto, der andere beugt sich über der Motorhaube und beide behaupten zu wissen, wie man es fahrtüchtig machen kann. Zwar zahlst Du dafür dauernd die Rechnungen, aber das Auto funktioniert nie richtig. Vielleicht ahnst Du, dass die Politiker doch nicht so richtig wissen, was sie eigentlich tun.
Aber was kannst Du tun? Zwar mag der Kapitalismus nicht perfekt sein, aber er ist das Einzige, was wir haben und letztlich funktioniert er irgendwie.
Irgendwie? Wir leben in der fortgeschrittensten Gesellschaft der Geschichte. Aber wenn es darum geht, etwas Sinnvolles anzustellen, z.B. alle Menschen zu ernähren, oder die Umweltverschmutzung und die weltweite Erwärmung zu beschränken, dann können wir es gerade so irgendwie schaffen, wenn überhaupt.
Eine Frage: Schaut sich jemand noch Parteiwerbesendungen an? Sie sind langweilig und Du glaubst nicht ein Wort, von dem, was dort gesagt wird. Es geht dort zu wie bei der Waschmittelwerbung. Es werden irgendwelche zweifelhaften Behauptungen vorgestellt, die beweisen sollen, dass ein Waschmittel besser, als das andere sei.
Dies ist keine Parteiwerbesendung. Aus zwei Gründen: Erstens, weil hier niemand Deine Unterstützung will, weder Deine Wahlstimme, oder Gefolgschaft, noch Dein Geld. Zweitens, weil hier niemand versucht, Dich zu irgendetwas zu überreden.
Hier geht es um eine viel anstrengendere Sache. Es geht darum, dass Du selbst die Grundlage der modernen Gesellschaft in Frage stellst. Denke erst darüber nach und überlege dann, was Du tun könntest.
Ich werde Dir weder erzählen, was Du machen oder denken sollst, noch werde ich versuchen, Dich von irgendetwas zu überzeugen. Ich will Dir einfach eine Sichtweise so erläutern, dass Du sie verstehst.
Es ist eine Sichtweise, die nicht sehr häufig vorgestellt wird, egal welches TV-Programm Du dir ansiehst. Aber sie existiert dennoch und sie ist recht weit verbreitet. Ob Du sie akzeptierst, das ist deine Sache. Du kannst sie ablehnen, aber es sollte für Dich wichtig sein, zu wissen, was Du ablehnst.
Politiker sprechen über viele Probleme. Aber sie bleiben im Rahmen des Kapitalismus. Das ist der eigentliche Grund dafür, dass die Politiker so ähnlich klingen und dass es schwierig ist, sich für Politik zu interessieren. Denn sie bewegen sich immer im selben Rahmen.
Wenn Du den Kapitalismus selbst in Frage stellst, begibst Du Dich automatisch außerhalb dieses Rahmens. Und dann wird kapitalistische Politik für Dich sinnlos.
Kapitalistische Politiker machen alles so, dass es sehr kompliziert klingt. So kompliziert, dass Du sie brauchst, damit sie die Arbeit für Dich machen. Du sollst alle 5 Jahre wählen. Das soll genug sein. Was willst Du mehr?
Du verstehst die Politik nicht wirklich, Du weißt nicht genug, Du bist nicht geschickt genug. Klar, Du könntest gar nicht all die wichtigen Entscheidungen treffen. Klar, die Medizin ist kompliziert. Es dauert 11 Jahre, um einen Arzt auszubilden. Wir können ja nicht alle Ärzte sein.
Aber wer hat schon mal was von einer Politiker-Schule gehört? Welche Qualifikationen haben eigentlich die Politiker, die über unsere hinausgehen? Es gibt keine, oder? Jeder kann in die Politik gehen. Die sogenannten Experten für politische Entscheidungen sind gar keine Experten. Nicht mehr, als Du es bist.
Ein Beispiel: In einer Kneipe könnten Dich zwei Männer stundenlang mit Reden über Fußball langweilen und verwirren, wenn Du bescheuert genug bist, dies zuzulassen. Aber die Fußballregeln selbst sind ziemlich einfach.
Ähnliches gilt für die Politik. Das Ausmaß an Erzählungen und Einzelheiten ist zwar unendlich. Aber die grundlegenden Regeln des Kapitalismus sind einfach zu verstehen. Genauso, wie die Auswirkungen dieser Regeln. Und wenn Du erst einmal diese Regeln verstanden hast, dann kannst Du Dir eine neue Frage stellen: Bist Du mit diesen Regeln einverstanden?
Lass uns diese Regeln genauer betrachten. Entscheide selbst, ob sie kompliziert sind. Entscheide selbst, ob sie so wirklich existieren, oder ob ich sie nur herbei fantasiere.
Regel 1: Grob gesagt, 5 Prozent der Weltbevölkerung verfügen über 95 Prozent des Reichtums, des Landes, der Ressourcen, des Wohlstandes. Das ist einer unter 20 Menschen.
Ein Mensch hat den gesamten Reichtum und die Macht und die anderen 19 haben mehr oder weniger nichts. Man könnte dies unfair oder ungerecht nennen.
Aber das ist die Realität und es ist legal.
Das ist nicht sonderlich kompliziert, oder? Nun die zweite Regel, sozusagen die Goldene Regel: Wer das Geld hat, hat die Macht und bestimmt die Regeln. Darum ist alles legal – falls Du Dich wundern solltest.
So, und jetzt ungeordnet ein paar weitere Regeln:
Regel 3: Je mehr Geld Du hast, je mehr Geld kannst Du verdienen.
Regel 4: Je weniger Geld Du hast, je weniger kannst Du verdienen.
Regel 5: Je ärmer Du bist, desto teurer ist alles für Dich.
Regel 6: Je ärmer Du bist, desto kränker wirst Du werden, desto früher wirst Du sterben und umso schlechter wird es Deinen Kindern gehen.
Regel 7: Je ärmer Du bist, desto schlechter werden Deine Ausbildung und Deine Arbeitsbedingungen sein.
Regel 8: Je schlechter die Bezahlung, umso unangenehmer die Arbeit.
Regel 9: Das Gegenteil von Regel 8: Je höher die Bezahlung, umso angenehmer die Arbeit. Zum Beispiel: Ein Konzerndirektor verdient, sagen wir, 100 mal mehr, als eine Verkäuferin – aber wer geht erschöpfter nach Hause?
Regel 10: Wenn Du wirklich reich bist, dann bist Du ein Kapitalist und mußt überhaupt nicht mehr arbeiten.
Regel 11: Die Armen zahlen für jeden Fehler, den die Reichen verursachen.
Regel 12: Die Reichen fangen Kriege an, die Armen müssen darin kämpfen.
Regel 13: Die meisten reichen Leute werden durch Erbschaften reich. Es gibt zwar auch Geschichten wie die “vom Tellerwäscher zum Millionär” – aber sie doch sehr selten.
Regel 14: Die meisten armen Leute bleiben ihr ganzes Leben lang arm, trotz harter Arbeit, Sparsamkeit und Opfer.
Genug Regeln. Entscheide selbst. Habe ich sie mir ausgedacht? Bin ich ein Zyniker? Oder klingen sie dem ähnlich, was Du auch schon gedacht hast? Eines ist sicher: Die Politiker sprechen niemals über eine dieser Regeln.
Wie kam es überhaupt zu diesen Regeln? War es nicht schon immer so? Nein, war es nicht. Aber ich brauchte den ganzen Tag, um dies zu beweisen und über die Geschichte und Vorgeschichte der Menschheit zu reden. Diese Zeit haben wir nicht.
Und überhaupt, ich versuche nicht, Dich zu überreden. Ich möchte nur, dass Du verstehst, was zu meiner Sichtweise gehört. Deshalb will mit einer Analogie zeigen, wie alles angefangen hat.
Stelle Dir ein großes Kinderzimmer vor, in dem 20 Kinder glücklich spielen. Ab und zu haben sie eine kleine Kabbelei, aber nichts Ernsthaftes. Falls Du selbst im Kindergarten warst, weißt Du sicherlich, wie sich Kinder verhalten.
Sie streiten sich und sie vertragen sich wieder. Häufig ohne irgendeine Einmischung der Kindergärtner. Die Kinder sind weder ausgebildete Diplomaten, noch Personalmanager. Sie tun einfach das, was sich natürlich und spontan ergibt.
Jetzt stell Dir vor, dass ein Betreuer ein neues Spiel einführt. Aber kein schönes Spiel, sondern ein ziemlich krankes, eines mit besonderen Spielregeln.
In diesem neuen Spiel, gibt der Kindergärtner alle Spielsachen einem Kind. Nennen wir es Rex. Alle anderen Kinder bekommen nichts. Und sie können solange nicht spielen, solange sie nicht von Rex die Erlaubnis dazu erhalten.
Rex hat also nicht nur alle Spielsachen, sondern auch noch etwas Neues, etwas, was zuvor nicht existierte: Macht. Wenn die anderen Kinder mit den Spielsachen spielen möchten, und das möchten sie bestimmt, dann müssen sie das tun, was Rex ihnen sagt.
Durch sein Eigentum erhält Rex Macht über sie. Macht wird zu dem zentralen Faktor, der von nun an alle Beziehungen bestimmt und den Kindern zu verstehen gibt, wer sie sind.
Dieses Machtverhältnis stellt die anderen Kinder in eine besondere soziale Klasse. Während Rex die “besitzende” bzw. die “herrschende Klasse” bildet, sind sie die “eigentumslose” oder ” spielzeuglose” Klasse.
Aus einem friedlichen und mehr oder weniger harmonischen Kindergarten wurde eine auf gegenseitiger Feindseligkeit und auf Mißtrauen beruhende Klassengesellschaft von Ungleichen. Ein ziemlich cooles Spiel. Aber es geht noch weiter.
Um das Spiel angemessen zu spielen, muss sich Rex mit einer Anzahl von Problemen auseinandersetzen. Jetzt wollen wir ihm etwas mehr Intelligenz zutrauen, als normalerweise einem Dreijährigen.
Als erstes muss er Strategien entwickeln, um die anderen auseinander zu dividieren. Sie sollen sich nicht gegen ihn verbünden können. Rex wird seine Machtposition nicht lange halten können, wenn er dieses Problem nicht als erstes löst.
So sucht er sich die größten Kinder aus und bietet ihnen ein Geschäft an: Beschütze mich vor den anderen und Du bekommst ein paar Sonderrechte.
Es scheint in ihrem eigenen Interesse zu liegen, dieses Geschäft zu akzeptieren. Die kleine Gruppe von größeren Kindern wird also zur Rex´s Polizei gegen die Spielzeuglosen. Ja, sie werden sogar zu seinen Spielzeugsoldaten gegen den Rest der Welt.
Wenn ein Spielzeugloser aus der Reihe tanzt, bekommt er von der Spielzeugpolizei eine aufs Maul und wird zurück in die Reihe gestoßen. Rex hat eine Hierarchie und einen Zwangsapparat eingesetzt, mit sich selbst ganz oben.
So weit, so gut. Aber es dauert nicht lange und Rex wird es leid, seine Zeit dafür zu verwenden, Befehle auszugeben und alles selbst zu organisieren. Warum also nicht Verwalter einstellen, die diese Aufgaben für ihn erledigen könnten? Gute Idee!
Nun hat er also eine Art von staatlicher Verwaltung eingesetzt, um sein Eigentum und seine Position zu schützen. Aber damit noch nicht genug.
Er will kein Chaos und kein endloses Palavern, sondern ein stabiles System mit ihm selbst an der Spitze.
Was er wirklich braucht ist Legitimität. Er muss den Kindern glauben machen, dass es vollkommen natürlich, gerecht und gut ist, dass er alle Spielsachen hat und sie nichts haben. Wenn sie das erst mal glauben, dann werden sie keinen Grund sehen, sich dagegen aufzulehnen.
Gegen Rex zu rebellieren wäre dann genauso lächerlich wie ein Aufstand gegen die Sonne, den Mond oder den Regen.
Wie schafft man eigentlich Legitimität? Durch Propaganda und Überzeugung. Rex muss also eine Menge an Propaganda organisieren, um das zu rechtfertigen, was wir seine “Ideen über die Gesellschaft” oder die “Ideologie der Macht” nennen können.
Rex lehrt diese Ideologie im Kindergarten durch den neuen Unterricht, den er entworfen hat.
Wir müssen diese Ideologie gar nicht im einzelnen kennen. Es ist unwichtig, wie er seine Machtposition rechtfertigt. Er kann irgendetwas Beliebiges sagen und lehren. Hauptsache: Es funktioniert.
Er kann verschiedene Mittel anwenden: Sich ausgefallen kleiden, eine Perücke tragen, wenn er über die Missetäter richtet, auf einem hohen Thron sitzen, so dass er auf sie herabschauen kann, er kann mit einer ungewöhnlichen Stimme sprechen oder unbekannte Worte verwenden, so dass sie ihn nicht verstehen können.
Es gibt eine Menge Dinge, die er tun kann, um wichtig, groß und clever zu erscheinen. Und stellt er es geschickt an, dann glauben die anderen wirklich daran, dass er wichtiger, größer und cleverer ist, als sie selbst.
Sie werden beginnen, an die “natürliche Ordnung” der Welt zu glauben. Er ist Teil dieser Ordnung. Sie werden sich niemals auflehnen. Oder doch? Was könnte er noch tun, um wirklich auf Nummer sicher zu gehen?
Auf lange Sicht, ist es am besten, ihnen beizubringen, sich gegenseitig zu hassen. Weiße gegen Schwarze, Jungs gegen Mädchen, Juden gegen Nichtjuden, Großohren gegen Kleinohren. Was auch immer: Hauptsache es funktioniert.
Solange sie sich nicht gegenseitig vertrauen können, werden sie für ihn niemals zu stark werden.
Er fängt also an, die weißen Kinder zu belohnen. Und die schwarzen Kinder zusätzlich zu bestrafen, da sie nichts besseres verdient hätten. Er ermutigt die Weißen, die Schwarzen zu tyrannisieren. Das ist Ideologie. Auseinanderdividieren. Erste Methode. Ziemlich clever.
Es gibt noch mehr. Er erzählt den Jungs, dass sie sich ein Mädchen als persönliches Eigentum nehmen sollten. Und ist eine nicht willig, dann gebraucht Gewalt. Er ermuntert die Jungs, die Mädchen zu tyrannisieren. Auseinanderdividieren. Zweite Methode. Er kann auch die Religion ins Spiel bringen. Drei, vier, fünf Methoden.
Es gibt viele Möglichkeiten. Da sich alle Kinder voneinander unterscheiden, kann man diese Unterschiede benutzen, um sie gegeneinander auszuspielen. Und wenn sie erst mal anfangen, sich gegenseitig zu bekämpfen, dann kann Rex behaupten, dass sie alle eigentlich Kriminelle sind, die durch seine Polizei kontrolliert werden müssen.
Nun kann er ihnen sogar weismachen, dass sie noch mehr Polizei, mehr Gesetze, mehr Käfige, mehr Aufsicht brauchen. Stellt er sich gut an, dann kann er sie sogar dazu bewegen, von sich aus mehr Polizei, schärfere Gesetze und eine umfangreichere Überwachung zu fordern.
Das scheint ja sehr klug zu klingen, aber es sind lediglich die Methoden, die bereits Machiavelli den italienischen Fürsten empfahl.
Es bringt Rex nichts, wenn die spielzeuglosen Kinder nur rumsitzen und nichts tun. Sie sollten sich mit etwas Nützlichem beschäftigen, da sie sonst noch anfangen, Schwierigkeiten zu machen. Sie müssen arbeiten!
Ein Kindergarten sollte neues Spielzeug haben. Oder nicht? Das ist doch etwas, was die Spielzeuglosen machen können. Sie können neues Spielzeug herstellen: Für Rex.
Und als Belohnung “bezahlt” sie Rex mit ein wenig Spielzeit. Nenne es “Urlaub”, “Wochenende” oder “Freizeit”. Die eigentumslose Klasse wird zur arbeitenden Klasse. Sie ist nun zu beschäftigt, um klar denken zu können. Und Rex bekommt mehr Spielzeug.
Großartig. Aber es geht noch weiter.
Rex möchte seinen Machbereich ausdehnen. Er hat schon ein Auge auf den Kindergarten auf der anderen Straßenseite geworfen und auf all die schönen Spielsachen dort. Außerdem beunruhigt in etwas.
Der Machthaber vom anderen Kindergarten könnte ja ebenfalls über Ausdehnung nachdenken. Auf das Gebiet von Rex. Er muß also als erster handeln und die Strasse mit seiner Spielzeugarmee überqueren. Und vergiss nicht, dass er den Kindern erzählt, dass das natürlich nur der Verteidigung dient. Ideologie.
In der kurzen Zeit sind wir schon weit voran gekommen. Wie anders ist doch die Situation geworden. Erinnerst Du Dich noch an den ursprünglichen Kindergarten? Alle Kinder waren gleich. Sie haben die Spielsachen untereinander geteilt. Meistens gab es dort Frieden und Harmonie.
Erinnert sich ein Kind an diese friedliche Zeit und flüstert auch nur darüber, wird es geschlagen, in die Ecke gestellt oder ausgelacht. Gleichheit, Frieden, Harmonie, gemeinschaftliches Eigentum? Das ist doch alles nur Utopie, ein eitler Traum. Kinderfantastereien. Sagt Rex.
Das gab es noch nie und es wird es nicht geben. Schaut doch einfach mal in die Geschichtsbücher, die ich besonders für euch geschrieben habe. Sagt Rex.
Und überhaupt. Seht euch an: Ihr hasst euch gegenseitig, ihr seid böse, ihr schlägt aufeinander ein. Ihr seit doch nicht besser, als wilde Tiere. Ihr braucht einen starken Führer, wie mich, damit ihr euch einigermaßen benimmt. Sagt Rex.
Wenn man euch frei ließe und ihr die Möglichkeit hättet, all die Spielsachen zu haben, was tätet ihr? Ihr würdet euch gegenseitig umbringen und den Kindergarten niederbrennen. Ihr müßt das Buch “Der Herr der Fliegen” lesen, dort wird es bewiesen. Ihr seid schlecht, deshalb habe ich hier die Herrschaft. Sagt Rex.
Und weißt Du was? Die Kinder stimmen ihm zu. Sie sagen selbst: Wir sind schlecht, können uns nicht vertrauen, sind von Natur aus kriminell. Wir müssen beherrscht werden.
Sie glauben ihm jedes Wort, weil sie keine mehr Kinder sind. Sie sind älter geworden und sie wurden das, was Rex wollte, das sie werden sollen. Ihre Kindheitsträume haben sie vergessen.
Sie sind Erwachsene und sie akzeptieren die Welt, so wie sie ist. Utopien sind wie Märchen. Kindererzählungen.
Das ist nur eine Geschichte. Sie erklärt nicht alles. Aber wir haben jetzt nicht den ganzen Tag Zeit, um alles zu erläutern. Trotzdem noch einen Punkt.
Am Anfang sagte ich, dass ein Kinderbetreuer das Spiel einführte, dass die Idee des Privateigentums damit begann, dass er alle Spielsachen einem einzelnen Kind gab.
Sicher, das Privateigentum wurde nicht plötzlich eingeführt. Nicht von einem Tag auf den anderen. Und es ist nicht einfach in die Hand von nur einer Person gefallen. Das dauerte lange. Es entwickelte sich.
Wenn dies (er streckt beide Arme aus) die gesamte Zeit ist, in der Menschen leben, dann ist dies (er tippt auf die Fingerkuppe) der kurze Zeitraum, seit dem die Menschen seßhaft wurden, Landwirtschaft betreiben und nicht mehr als Jäger und Sammler umherziehen. Das passierte vor 12.000 Jahren. Gestern.
Etwa 250.000 Jahre lang waren wir Jäger und Sammler, wir lebten in Stämmen, ursprünglich, nomadisch. Jäger und Sammler hatten privates Eigentum, persönliche Gegenstände: Perlenketten, Lieblings-Steinmesser. Dinge dieser Art. Manches war wertvoll und es bedeutete ihnen viel.
Aber Jäger und Sammler zogen umher, sie mußten den Herden und dem Wildwechsel oder der Vegetation folgen. Da sie sich vor allem von dem ernährten, was sie gesammelt haben, mussten sie weiter ziehen, wenn es am Essbaren mangelte.
Für sie war Privateigentum das, was man tragen, was man mitnehmen konnte. Kleine Sachen. Dinge, die schön, aber persönlich waren, privat, die sich vielleicht zum Tausch eigneten, kleine Schätze.
Man denkt, dass die Pyramiden alt sind. Aber weißt Du, wie modern sie sind, wie zeitlich nah sie uns sind, wenn wir die gesamte Menschheitsgeschichte überblicken. Jäger und Sammler hatten keinen Bedarf an großen Denkmälern und Gebäuden und an Dingen, die sie nicht mit nehmen konnten. Und sie haben auch keine Grundstücke markiert.
Fast während der gesamten Zeit in der Menschen leben, bestand das private Eigentum aus kleinen Gegenständen, die oft schön waren und aus Gold gemacht wurden, die aber immer leicht zu transportieren waren.
Es gab bereits Eigentum, aber es hatte keine große Bedeutung. Vor 12.000 Jahren jedoch entwickelte sich die Landwirtschaft. Die Menschen wurden seßhaft, nahmen Land in Besitz und bewirtschafteten es. Aufgrund der im Boden “steckenden” menschlichen Arbeit, wurde es notwendig, ihn zu verteidigen. So wurde der Boden selbst zum Eigentum.
Und dadurch änderte sich alles. Denn das Privateigentum an Land war eine sehr wichtige Angelegenheit. Es war eine Sache auf Leben und Tod. Wenn Du Land hattest, konntest Du überleben, ohne Land musstest Du sterben. Das ist die Zeit, in der die Pyramiden, Städte, sakralen Bauten und Burgen errichtet wurden.
Beim Kindergartenspiel sagte ich, dass das Privateigentum abrupt eingeführt wurde. Das stimmt zwar nicht genau. Aber vor 12.000 Jahren gewann es plötzlich eine sehr starke Bedeutung, die es davor nicht hatte.
Die Agrarrevolution war der Anfang einer Gesellschaft, die nicht nur das Konzept des Privateigentums in sich aufnahm, sondern die auf dem Privateigentum gründet, wie die Pyramiden auf der Erde.
Ich behauptete auch, dass das gesamte Eigentum einer Person übergeben wurde. So war es nicht. Was ist also geschehen? Fangen 10 Menschen mit jeweils 10 Pence an, wird am Ende eine Person ein Pfund haben und die anderen neun werden nichts haben. So funktioniert die Gesellschaft des Privateigentums.
Sie funktioniert wie “Monopoly”. Am Ende gewinnt eine Person alles und die anderen haben nichts. Die Menschen in der Gesellschaft des Eigentums mögen am Anfang gleich gewesen sein. Aber sie blieben es nicht lange. Und was entstand, war Ungleichheit.
Der Kapitalismus ist eine große Version des Kindergartenspiels, bei dem die Einsätze viel höher sind. Stell Dir ein neues Spiel vor: “Todes-Monopoly”. Die Regel ist, dass jener Mitspieler, der alle seine Häuser verliert, sich eine Kugel durch den Kopf schießen muss. Du würdest nicht mitspielen wollen, oder?
Der Kapitalismus ist eine Art “Monopoly” auf Leben und Tod. Und wir haben keine andere Wahl, als mitzuspielen.
Unsere Ideologie – wieder dieses Wort – lehrt uns, dass es der Wettbewerb ist, der alles geschehen lässt. Bei Spielen geht es meist um Konkurrenz. Und die kann viel Spaß machen, solange es ein Spiel bleibt. Spiele, bei denen es um Zusammenarbeit geht, sind normalerweise nicht so aufregend.
Aber wir sprechen hier über Spaß haben. Nicht über Leben oder Tod. Menschen zu einem Wettbewerb zu zwingen, bei dem die Regeln so manipuliert sind, dass er für die Mitspieler tödlich ausgehen kann, ist nicht lustig. Es ist krank. Wir glauben, dass die Konkurrenz die Welt in Bewegung hält. Aber sie treibt uns ständig an und oft terrorisiert sie uns.
Eine andere Sichtweise sagt uns, dass Zusammenarbeit jene Strategie ist, die wir brauchen, um miteinander zu leben. Die Ideologie sagt zwar: Nein. Aber wir müssen sogar miteinander kooperieren, damit das kapitalistische Spiel funktioniert.
Wir müssen uns gemeinsam darauf einigen, dass wir miteinander konkurrieren wollen. Zusammenarbeit ist für uns nichts Fremdes. Sie gehört zu unserem Verhalten, sogar im Kapitalismus. Wir kooperieren miteinander, aber gegen unsere wirklichen Interessen.
Die Spieler des Todes-Monopoly müssen sich auf die Regeln geeinigt haben, sonst würden sie nicht mitspielen. Aber warum spielen wir überhaupt mit? Unsere Ideologie sagt, dass es das einzig mögliche Spiel ist. Wirklich?
Ein anderer Grund dafür, dass wir dieses Konkurrenzspiel mitmachen ist, dass wir nicht entschieden haben, nicht mehr mitzuspielen. Solange wir die Regeln akzeptieren, wird das Spiel weiterlaufen. Die Frage ist – angenommen, es gäbe eine freie Wahl – bist Du mit diesen Regeln einverstanden?
Wir sind mit dem Privateigentum an “Spielzeug”, und überhaupt am gesamten Reichtum einverstanden. Eigentum bedeutet aber nicht, dass Du freien Zugang zu Gütern hast. Es bedeutet lediglich, dass Du Anderen den freien Zugang versagen kannst.
Solange Du nicht reich bist, macht Dich Eigentum nicht frei: Es legt Dich in Ketten. Denkt darüber nach. Könnte ich die Luft besitzen, die Ihr einatmest, oder mit anderen Worten: Könnte ich Euch den Zugang zur Atemluft verweigern, wäre ich der Herr der Welt und Ihr wäret meine Sklaven. Vielleicht denkt Ihr, dass dies nicht sehr fair ist, aber das hat mit Fairness nichts zu tun.
So funktionieren die Regeln des Eigentums, die wir akzeptieren. Alles – Handel, Märkte, Wettbewerb, Knappheit an Gütern, Kriege, Armut und all der Rest – entsteht aus diesem Prinzip. Es ist ein heiliges Prinzip. Und es ist älter und heiliger als die Bibel oder der Koran.
Es ist sogar heiliger, als das Leben selbst. Wenigstens wird es uns so gelehrt. Ideologie. Wegen dieser Ideologie, glauben wir daran, dass die Reichen reich und die Armen arm sein müssen. Und so geht das Spiel weiter.
Frage Dich doch mal, warum Du das Spiel des Privateigentums mitmachst und was es Dir wirklich bringt. Vielleicht hast Du etwas Eigentum. Die meisten von uns besitzen etwas. Vielleicht hast Du ein neues Auto und ein Haus, obwohl Du beides wahrscheinlich auf Kredit gekauft hast und nun Dein Leben lang den Kredit abzahlst.
Frag Dich doch mal, über welche Sicherheiten Du wirklich verfügst. Du musst weiterhin arbeiten und kannst jederzeit Deinen Job verlieren. Du lebst auf einem Planeten, der sich weiter erwärmt während die Schornsteine weiter Staub absondern und die Politiker alles vernebeln.
Dieses Spiel wird nicht ewig dauern. Wenn erst die Wälder abgeholzt, die polaren Eiskappen geschmolzen sind, dürfte es zu spät sein, die Spielregeln des Todes-Monopoly in Frage zu stellen. Vielleicht bleibt dann überhaupt kein Eigentum übrig.
Manche Leute behaupten, dass der Kapitalismus das Ende der Geschichte ist. In Wirklichkeit dürfte der Kapitalismus unser Ende herbeiführen.
Gibt es dazu überhaupt eine Alternative?
Wenn das Privateigentum das Gesetz ist und alle Spielregeln diktiert, was passiert, wenn Du diese Regeln abschaffst?
Der Kapitalismus gründet auf dem Privateigentum. Schaffst Du das eine ab, musst Du auch das andere beseitigen. Und all das, was damit zusammenhängt: Markt, Geld, Banken und Versicherungsgesellschaften, Kredite, Darlehen, Zinsen, Ratenzahlungen, Mieten und Löhne.
Dies klingt wahrscheinlich wie die Abschaffung der Zivilisation, so wie Du sie kennst. Aber es ist nicht notwendigerweise so. Da die meisten dieser Dinge Dir Kummer und Stress bereiten, könnte es auch nach dem Ende der meisten Deiner Probleme klingen, und das auf einen Schlag.
Erinnere Dich: Als Rex nur ein Kind unter Kindern war, hatte er keine Macht über andere. Aber als er der Eigentümer aller Spielsachen wurde, änderte sich alles. Ohne Privateigentum gäbe es keinen Rex mehr. Eigentum ist die Grundlage der Macht und die Macht ist die Basis jeder Unterdrückung.
Fühlst Du Dich unterdrückt, dann frage Dich, wer Macht über Dich hat. Manchmal scheint es so zu sein, als ob es alle anderen wären. Aber, wenn Du genauer schaust, kannst du feststellen, dass es doch bestimmte Personen oder Gruppen sind. Das sind Deine Unterdrücker. Es mag sein, dass es nicht meine sind, oder die Deines Nachbarn.
Wir machen aber alle ähnliche Erfahrungen. Dies ist das, was wir gemeinsam haben. Auch wenn es unterschiedliche Personen sein können, die über uns Macht haben, bleibt uns doch gemeinsam die Tatsache, dass jemand über uns Macht ausübt.
Ohne Eigentum gibt es keine Hierarchien, keine Herrscher, keine Chefs, keine Führer, keine politischen Eliten, keine Befehlshaber, keine Bürger erster und zweiter Klasse.
Kein Eigentum das bedeutet: Keine Macht für Niemanden. Auch dies mag wie das Ende der uns bekannten Zivilisation klingen.
Aber aus einer anderen Perspektive betrachtet könnte es den Anfang der Zivilisation bedeuten.
Ohne Privateigentum gäbe es kein Geld für Löhne. Die Menschen müssten also unendgeldlich arbeiten. Wenn Du ohnehin keinen Lohn bekommst, könntest Du Deine Arbeit frei wählen. Du fragst, warum man dann überhaupt arbeiten sollte? Warum beschäftigst Du Dich mit Deinen Hobbys? Niemand bezahlt Dich dafür. Den meisten Menschen macht es Spaß, etwas Sinnvolles zu tun. Und denk daran: Ohne Chefs würde die Arbeit etwas anderes sein, als heutzutage.
Klar, Du hättest keine Lust, Dein Hobby 60 Stunden in der Woche zu betreiben. Aber wenn Du Dir vorstellst, dass alle für den Kapitalismus typischen geldbezogenen Tätigkeiten wegfallen würden, dann gäbe es sehr viele Menschen, die nichts mehr zu tun hätten.
Wenn sie sich an den nützlichen Arbeiten beteiligen würden, dann könnte eine nachkapitalistische Gesellschaft die notwendige Arbeitszeit reduzieren. Auf vielleicht 10 Wochenstunden, statt 30, 40 oder 50 Stunden.
Noch was: Ohne Privateigentum gäbe es keine Gründe, um Kriege zu führen. Denn dabei geht es meist um Eigentum oder um Handel. Es geht darum, das Eigentum zu vergrößern oder es zu sichern.
Sie können zwar so tun, als ob es dabei um Gott, Freiheit und so weiter ginge. Aber Kriege werden mit Geld finanziert und das Geld, das Privateigentum, ist ihre Ursache.
Es ist eine tragische Ironie, dass die Kriege immer von den Armen im Interesse der Reichen geführt werden. Du glaubst doch nicht, dass das Kind Rex einen Krieg mit dem Nachbarkindergarten anzetteln würde? Aus welchem Grund?
Ohne Eigentum dürften die einzigen Kriege, die Du jemals sehen würdest, Aufführungen historischer Schlachten sein. Sicherlich wird es Streitigkeiten geben. Aber Kriege? Das kann ich mir nicht vorstellen.
Ohne Eigentum und Geld würde es weder Mieten noch Kreditzinsen und keinen Profit geben. Profit ist jener Anreiz, der im Kapitalismus die Produktion antreibt. Bedeutet dies also, dass wir in der nachkapitalistischen Gesellschaft allesamt verhungern würden?
Profit ist nur ein möglicher Anreiz, um etwas herzustellen und noch nicht einmal der beste. Der beste Anreiz ist einfach der Bedarf und die Bedürfnisse. Wir würden Güter produzieren, weil es Menschen gibt, die sie brauchen.
Der Anreiz über Profite funktioniert anders. Es wird nur deshalb produziert, um Geld zu verdienen. Es ist also möglich, dass Millionäre weitere Millionen damit verdienen, das sie Waren produzieren, die niemand braucht und bei denen das Bedürfnis erst durch die Werbung geweckt wird.
Es gibt keine Verbindung mit den Bedürfnissen. Braucht eine Milliarde Menschen sauberes Wasser, kann es aber nicht bezahlen, dann hat das Profitsystem keinen Anreiz, sauberes Wasser bereitzustellen.
Im Zusammenhang mit Profit gibt es immer das Risiko, zu verlieren. Daher ist es um Geld zu sparen angebracht, Schund zu produzieren. Waren, die schnell kaputt gehen, und die man ständig neu kaufen muss. Waren, die auf dem Müll verrotten, weil das billiger ist, als sie zu recyceln.
In diesem System können große und weltweit agierende Unternehmen die Weltkultur mit einer Plastikuniformität dominieren, in der sich alle Städte ähneln, wir alle die gleichen “billigen” Speisen essen und in den gleichen Kettenläden unsere Kleider kaufen.
Die Abschaffung des Privateigentums bedeutet nicht notwendigerweise die Abschaffung von Zivilisation, Architektur, Nahrungsmitteln, Kultur, Krankenhäusern, Kinos oder gar der persönlichen Identität.
Es bedeutet einfach die Abschaffung einer sehr alten Übereinkunft, nach der es in Ordnung ist, dass viele Menschen wenig oder nichts haben, damit wenige Leute alles im Überfluss haben können.
Das meiste von dem, was uns lieb geworden ist, könnten wir behalten. Die Grenzen des Kapitalismus zu überschreiten heißt nicht, rückwärts zu gehen und alles zu zerschlagen. Es geht um Fortschritt und darum, die Welt besser zu machen.
Dazu ist eine soziale Revolution notwendig. Die ArbeiterInnen und Eigentumslosen der Welt müssten aufhören, sich gegenseitig zu bekämpfen. Sie müssten sich zusammenschließen, um die Herrschaft der Minderheit, d.h. der besitzenden Klasse, zu überwinden. Und dies ist ein revolutionärer Akt.
Die Reichen wollen das nicht. Sie werden alles versuchen, um dies zu verhindern. Aber sie sind eine kleine Minderheit. Vergiss nicht: Einer von Zwanzig. Eine Revolution muss nichts Schlechtes sein. Denke an die Computer-Revolution, oder die Informations-Revolution. Revolutionen müssen auch nicht gewaltsam sein: Sie müssen aber gründlich vorbereitet und gut organisiert sein.
Ich weiß, Du wirst sagen: Es klappt nicht, es ist unmöglich, es widerspricht der menschlichen Natur und so weiter. Du bist auf solche Gedanken beschränkt worden. So ging es mir auch. Wir sind im Kapitalismus aufgewachsen und uns wurde gelehrt, dass der Kapitalismus natürlich und rechtmäßig und gut ist.
Aber viele von uns glauben nicht mehr daran und vielleicht beginnst Du zu verstehen, warum. Erinnerst Du Dich noch an Rex im Kindergarten und seine Ideologiebelehrungen? Rex will nicht, dass die Anderen etwas außerhalb des vorgegebenen Rahmens denken. Er will sogar verhindern, dass Du überhaupt weißt, dass es außerhalb dieses Rahmens noch etwas anderes gibt.
Er wird Dir 1000 Gründe dafür nennen, dort zu bleiben, wo Du bist. Lies einfach weiter Deine Zeitungen, funktioniere weiter so, wie bisher, nimm weiter deine blauen Pillen. Mach was Du willst, es ist Deine Entscheidung. Ich versuchte Dir eine andere Sichtweise vorzustellen. Dir sollte klar werden, dass Du eine Wahl hast, dass Du Dich entscheiden kannst.
Wahrscheinlich wirst Du mir zustimmen, dass die Welt nicht so bleiben wird, wie sie ist. Sie wird entweder schlechter werden oder besser. Weltreiche und ökonomische Systeme kamen und gingen. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass der Kapitalismus die letzte Station der menschlichen Reise ist. Die Geschichte kennt keinen Stillstand.
Angenommen, eine Gesellschaft nach dem Kapitalismus wäre möglich, es gäbe noch eine weitere Station auf unserer Reise. Ich kann Dir keine genaue Beschreibung dieser Gesellschaft geben, weil ich keine habe.
Es wäre unlogisch, Dir einerseits zu empfehlen, keinen Führern zu trauen, keinen Experten zu folgen und nicht alles zu glauben, was Dir die Leute erzählen, aber andererseits zu wollen, dass Du mir vertraust, folgst und glaubst. Ich bin weder ein Experte, noch ein Führer oder ein religiöser Visionär.
Aber ich denke, wie viele andere auch, dass eine nachkapitalistische Gesellschaft möglich ist. Eine Gesellschaft, die auf Gleichheit und auf gemeinschaftlichem Eigentum beruht, das demokratisch durch uns alle kontrolliert wird und nicht durch zentralisierte Staatsapparate. Eine Gesellschaft zum Wohle aller Menschen und des Planeten.
Ich komme zum Schluss. Ist das, was ich gesagt habe, wirklich so unvernünftig, so lächerlich, so offenkundig falsch, dass Du alles zurückweisen kannst? Schau Dir das Video noch einmal an. Überprüfe es. Falls es nicht unvernünftig ist, was kannst Du jetzt tun?
Verbreite diese Ideen. Das ist das, was Du machen kannst. Denke über die Folgerungen und die Auswirkungen nach. Mach einen Plan. Rede. Diskutiere. Organisiere. Vielleicht kannst Du andere Leute auf dieses Video aufmerksam machen.
Du musst keinen Krieg beginnen und Du mußt nicht alles allein machen. Aber Du mußt etwas tun und das bald. Wir sind auf einer Straße, die Geschichte genannt wird, und wir stehen an der Haltestelle “Kapitalismus”. Manche sagen, dass die Reise hier zu Ende ist, aber andere meinen, dass es weiter geht.
Es gibt nur zwei Sachen, die Du jetzt machen kannst: Entweder dort stehen bleiben, wo du bist. Oder Dich weiter bewegen und diese Station verlassen. Entscheidest Du Dich weiter zu gehen, wird es auch andere geben, die mit Dir gehen wollen.
Letztlich wollen wir alle das Gleiche. Wir wollen Fortschritt, Verbesserungen, eine bessere Welt. Worauf es ankommt ist, einen Weg zu finden, um dieses Ziel zu erreichen. Alles andere ist Kinderkram.